Geleitwort Ein Junge, sein Hund und der Fluss
von Ivan Ertlov
Sprechen wir zuerst über den Titel! „Ein Junge, sein Hund und der Fluss“ – was soll dies sein? Science-Fiction, wurde mir gesagt. Aha, dachte ich, sowohl angesichts des Titels selbst als auch nach der Lektüre der ersten Seiten. Da war nichts besonders Utopisches oder Dystopisches, keine sich anbahnenden Raumschlachten wie in der zünftigen Military SF, keine beklemmenden dunklen Gassen in Megacitys mit kilometerhohen Wolkenkratzern, in denen sich Cyberpunk-Gestalten vor allmächtigen Künstlichen Intelligenzen oder von solchen kontrollierten Konzernen verstecken. Es gibt auch keine Aliens, zumindest nicht zu Beginn, und nicht im erwarteten Sinne.
Es ist die Geschichte eines Jungen, seines Hundes und ja, der Fluss spielt eine tragende Rolle.
Keine Sorge, liebe Leserin, lieber Leser, es ist tatsächlich Science-Fiction, wie nach wenigen Kapiteln klar wird, aber es ist gleichzeitig viel mehr als das. Ein mutiges Werk, nicht nur wegen der Ich-Perspektive, von der mir aus Marketinggründen immer wieder abgeraten wurde – was ich aber oft ebenso konsequent ignoriere wie Axel Kruse hier. Es ist vor allem der Erzählstil, eine Schreibweise, die wie der namensgebende Fluss einfach vor sich hinfließt, Leserinnen und Leser nicht brutal mitreißt, aber auf den Wellen der Geschichte treiben lässt.
Und was für eine Geschichte es ist!
Sie atmet den Geist von Mark Twain, nein, sie beschwört ihn teilweise ebenso inbrünstig wie die Protagonisten am Friedhof versuchen, mit einem Derwisch …
… nein, halt, das ist ein Geleitwort, keine Inhaltsangabe, und Spoiler will ich ebenso vermeiden wie allzu große Lobpreisungen. Aber gerade dies fällt mir schwer. Diese Mischung aus behutsamer Transformation und unterhaltungsliterarischer Verbeugung vor Mark Twain führt mich zurück in meine Kindheit, als ich die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn zum ersten Mal lesen durfte, weckt die gleiche jugendliche Begeisterung mehr als drei Jahrzehnte später und ist doch etwas Neues, Eigenständiges. Vor allem aber von der ersten Zeile bis zum Ende unterhaltsam, mitreißend und mit Herz geschrieben.
Und an eben dieses will ich das Buch allen Leserinnen und Lesern legen, mit Nachdruck. Ein Werk, das so ganz anders ist als mein eigenes, vollkommen ohne militärische Verschwörungen, galaktische Imperien, epische Weltraumgefechte und sprechende Schweine auskommt – und vielleicht, nein, ganz sicher sogar, gerade deswegen bemerkenswert gute Science-Fiction ist.